Immobilie: Was passiert bei einer Scheidung?
Wer gemeinsam ein Haus gebaut oder eine Eigentumswohnung erworben hat, tätigte dadurch wohl das größte Investment des Lebens. Doch im Zuge einer Scheidung gilt es nun zu entscheiden, wem die Immobilie künftig gehören soll. Und vor allem: Wie kann diese Änderung finanziell fair geregelt werden?
Vermögensaufteilung bei Scheidung
Wie das vorhandene Vermögen aufzuteilen ist, wird in Österreich durch das Ehegesetz geregelt (speziell ab § 81). Kurz gesagt: Jegliches Vermögen, Güter und Sachen, die während der Ehe angesammelt wurden, werden aufgeteilt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen beweglichen Gegenstand, etwa ein Fahrzeug, handelt oder um das gemeinsame Haus.
Juristisch ist immer von der „Ehewohnung“ die Rede, auch wenn es sich bei der Immobilie um ein Haus handelt. Als Ehewohnung gilt jener Ort, den die Eheleute gemeinsam genutzt haben.
Besonders wichtig: Wenn das Haus schon vor der Ehe einer Person gehört hat, es dann aber dauerhaft gemeinsam genutzt wurde, so hat die andere Person einen Wohnanspruch. Es kann also durchaus sein, dass eine Immobilie laut Grundstück ausschließlich einer Person gehört, aber der Ehepartner bzw. die Ehepartnerin ausbezahlt werden muss.
Ein solcher Anspruch ist vor allem dann gegeben, wenn „spezielle Bedürftigkeit“ vorliegt. Beispielsweise, wenn der Ehepartner mit dem gemeinsamen Kind in dem Haus weiterleben möchte, das die Ehefrau bereits in die Ehe eingebracht hat. Ein in die Ehe eingebrachte Gebäude kann folglich bei der Aufteilung der Güter berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere, wenn der Ehepartner kein ausreichendes Einkommen hat, um rasch eine passende andere Immobilie zu finden. Oder wenn das gemeinsame Kind an das Haus gewöhnt is. Die konkrete Situation muss immer individuell juristisch geprüft werden.
Ansonsten gilt grundsätzlich, dass angespartes Vermögen, Schulden und auch Gebrauchsvermögen (Auto, Hausrat etc.) aufgeteilt werden. Diese Aufteilung wird als „Zugewinnausgleich“ bezeichnet.
„Auszahlen“ bei der Scheidung
Die wahrscheinlich häufigste Vorgehensweise bei einer Scheidung ist das sogenannte „Auszahlen“. Das bedeutet, dass z. B. die Frau im Haus bleiben möchte und sie daher dem Mann einen vereinbarten Betrag bezahlt, damit das Haus künftig ihr allein gehört. Die Herausforderungen liegen auf der Hand:
- Wert der Immobilie: Es muss Einigkeit über die Bewertung der Immobilie herrschen. Nur so kann die Höhe des Betrages festgelegt werden, der als Auszahlung vereinbart wird. Eine unabhängige Werteinschätzung eines Experten ist in diesen Situationen empfehlenswert. Bei Streitigkeiten kann sogar ein Gutachten nötig werden.
- Kapitalbedarf: Es muss ausreichend Kapital vorhanden sein, um den Betrag überhaupt bezahlen zu können. Um die andere Person auszuzahlen, wird eine hohe Summe fällig. Oft ist es nur für Personen mit hohem Einkommen oder finanzieller Unterstützung aus der Familie möglich, den Partner auszuzahlen.
Partner auszahlen: Vorteile
Ein Vorteil beim Auszahlen besteht darin, dass das Haus nicht verkauft werden muss und etwaige Kinder somit in der gewohnten Umgebung weiterleben können. Da dies im Interesse beider Elternteile ist, können auch alternative Lösungen gefunden werden.
Bezüglich der Bezahlung des vereinbarten Betrages besteht Vertragsfreiheit. Das bedeutet, Sie können die Modalitäten frei vereinbaren (solange diese nicht sittenwidrig sind). Daher kann beispielsweise eine Ratenzahlung vereinbart werden, wenn die volle Summe nicht gleich aufgebracht werden kann.
Partner auszahlen: Absprache mit Bank
Wenn die Immobilie mit einem Kredit belastet ist, muss außerdem mit der Bank Rücksprache gehalten werden. Viele Ehepaare nehmen den Kredit gemeinsam auf. Fällt jedoch nun ein Einkommen weg, ändert sich der Vertrag mit der Bank und auch die Konditionen könnten angepasst werden.
Klären Sie daher frühzeitig ab, wie die Bank mit der künftigen Situation umgehen möchte. Sollte Ihre Bank diesbezüglich schwierig sein, besteht die Möglichkeit der Umschuldung zu einer anderen Bank. Wichtig ist, diese Option rasch abzuklären und die Konditionen genau zu vergleichen.
Hausverkauf bei Scheidung
Wenn es finanziell unmöglich ist, dass eine Person ausbezahlt wird oder auch, wenn beide Parteien nicht am gemeinsamen Eigenheim hängen, ist der Verkauf der Immobilie die naheliegende Lösung. Oft ist dieser Schritt nötig, wenn sich bisherige Partner nicht über den Wert der Liegenschaft einigen können. Die finanzielle Belastung ist häufig zu hoch. Dann kommt es zum Verkauf des Objektes. Mit dem Erlös werden etwaige Verbindlichkeiten bezahlt, der Bankkredit wird frühzeitig getilgt und die verbleibende Summe wird zwischen den ehemaligen Ehepartnern aufgeteilt.
Dabei bleibt es den Eheleuten überlassen, ob sie einen Makler mit dem Verkauf beauftragen möchten oder das Haus einfach selbst vermarkten. Die Maklerprovision kann aber in einer ohnehin angespannten Situation weitere Einbußen bedeuten. Ein Verkauf ist auch ohne Makler möglich.
Wichtig ist, dass sich beide über den gewünschten Kaufpreis einig sind. Wird dann ein niedrigerer Kaufpreis angeboten, müssen beide gemeinsam entscheiden, ob das Kaufanbot angenommen wird oder die Käufersuche fortgesetzt wird.
Meist ist es zielführend, als Kaufpreis bei einem Verkauf im Zuge einer Scheidung maximal zum aktuellen Marktwert anzusetzen. Das ermöglicht einen schnelleren Abschluss. Ist der Preis zu hoch angesetzt, kann die Vermarktung mehrere Monate dauern. Das ist nicht im Interesse der ehemaligen Partner, speziell wenn beide die Scheidung und alle daraus resultierenden Aufgaben schnell vollziehen möchten.
Tipp: Kaufinteressenten erkennen schnell, dass es sich um einen „Notverkauf“ handelt und versuchen so den Preis zu drücken. Verkäufer sollten daher ein Pokerface aufsetzen und Fragen zu den Verkaufsgründen möglichst umgehen.
Sonstige Vereinbarungen zwischen Eheleuten
Um späteren Streitigkeiten vorzubeugen, kann ein Ehevertrag aufgesetzt werden. Dieser darf beispielsweise regeln, dass eine Wohnung, die einer Person schon vor der Ehe gehört hat, weiterhin nur dieser Person gehören soll – auch im Falle einer Scheidung.
Ist es dafür jedoch schon zu spät und die Scheidung steht bevor, können auch noch andere Regelungen einvernehmlich getroffen werden. So kann beispielsweise ein Wohnrecht vereinbart werden. Dieses Recht kann befristet oder unbefristet eingeräumt werden. Es lässt sich mit etwaigen Unterhaltsansprüchen gegenrechnen. So kann dann z. B. der Mann mit dem Kind weiterhin im Haus wohnen, selbst wenn das Haus zur Hälfte weiterhin der Frau gehört, die aus dem gemeinsamen Haus auszieht.
Theoretisch wäre es auch möglich, ein bisher gemeinsam genutztes Haus zu vermieten. Das ist jedoch in der Praxis nicht immer einfach. Für die Vermietung ist beispielsweise eine gemeinsame Steuernummer nötig. Diskussionen darüber, wie das Haus genutzt werden soll, werden durch die Vermietung oft nur zeitlich verschoben. Ein klarerer Schlussstrich, mit dem die Eigentumsverhältnisse und alles Finanzielle eindeutig geregelt sind, ist jedenfalls empfehlenswert.
Immobilie und Scheidung: Unterstützung bei der Abwicklung
Selbst wenn es trotz Scheidung eine gute Gesprächsbasis gibt, sollten hinsichtlich der gemeinsamen Immobilie ein Steuerberater und Anwalt hinzugezogen werden. Die verschiedenen Optionen sind zu besprechen und sofern noch ein Kredit offen ist, muss auch mit der Bank Rücksprache gehalten werden. So wird sichergestellt, dass eine rechtskonforme Vereinbarung getroffen wird, die im Sinn beider Eheleute (und gegebenenfalls vor allem auch im Sinn der gemeinsamen Kinder) ausgearbeitet wird.
Ist überhaupt kein gemeinsamer Nenner zu finden, stellt der Verkauf der Immobilie oftmals die einzige und beste Lösung dar. Dann ist schlichtweg der Erlös zu verteilen, wobei weniger Streitigkeiten entstehen können, als wenn es um die Immobilie geht, zu der möglicherweise eine engere, emotionalere Bindung besteht.