Mängel beim Immobilienkauf
Beim Verkauf einer Immobilie muss der Zustand nicht perfekt sein, aber Mängel müssen ehrlich kommuniziert und dokumentiert werden. Andernfalls besteht das Risiko eines nachträglichen Rechtsstreits, der lange dauern und teuer werden kann.
Arten von Mängeln beim Immobilienkauf
Es gibt drei Arten von Mängeln, die beim Immobilienkauf leider alle vorkommen können.
Offener Mangel
Ein solcher Mangel ist für den Käufer eindeutig zu erkennen. Er wird vorab besprochen und bei der Preisfindung berücksichtigt. Mit offenen Mängeln kann unterschiedlich umgegangen werden.
Wenn sich z. B. eine Wohnung an sich in sehr gutem Zustand befindet, aber ein Fenster beschädigt ist, handelt es sich um einen offenen Mangel. Es kann vereinbart werden, dass dieser offene Mangel noch durch den Verkäufer behoben wird, oder der offene Mangel wird beim Kauf finanziell berücksichtigt.
Der Mangel wird beim Kaufanbot und im Kaufvertrag erwähnt – mit dem Hinweis, dass dieser beiden Parteien bekannt und beim Kaufpreis eingeflossen ist. Für offene Mängel, die eben auch als solche benannt wurden, kann die Haftung des Verkäufers einfach ausgeschlossen werden.
Versteckter Mangel
Ein solcher Mangel ist beiden Parteien nicht bekannt. Etwa, wenn Leitungen in einer Wand beschädigt sind oder es andere Schwachstellen bei der Immobilie gibt, die nach außen hin jedoch für Laien nicht erkennbar sind. Versteckte Mängel werden nicht absichtlich verschwiegen, sondern Verkäufer und Käufer wissen einfach nicht, dass diese existieren.
Arglistig verschwiegener Mangel
Ein arglistig verschwiegener Mangel ist versteckt, also nicht offensichtlich, aber dem Verkäufer bekannt. Obwohl der Verkäufer weiß, dass dieses Problem besteht, erwähnt er es beim Käufer nicht.
Ein Beispiel dafür ist ein seit Jahren feuchter Keller. Der Verkäufer streicht die Wände vor dem Verkauf weiß und erwähnt nicht, dass der Keller immer feucht war. Der Käufer bemerkt den Mangel Wochen nach dem Kauf und schnell ist klar, dass es sich dabei nicht um einen zufällig genau jetzt aufgetretenen Mangel handelt, sondern um ein schon länger bestehendes Problem. Somit ist der Mangel „arglistig verschwiegen“.
Die Konsequenz: Der Verkäufer haftet für den Mangel und muss die Kosten tragen, um diesen zu beseitigen. Die Gewährleistung kann für einen solch arglistig verschwiegenen Mangel nicht ausgeschlossen werden. In extremen Fällen kann der Käufer sogar die Rückabwicklung des Kaufvertrages und zusätzlichen Schadenersatz verlangen. Allerdings trifft ihn auch die Beweislast. Er muss nachweisen, dass der Mangel bereits bestanden und vor allem dem Verkäufer bekannt gewesen sein muss. Um nachzuweisen, dass der Mangel unmöglich nie vom Verkäufer bemerkt wurde, ist meist ein Sachverständiger nötig, der einschätzt, ob der Mangel absichtlich versteckt wurde.
Unterschied zwischen Sachmangel und Rechtsmangel
Zusätzlich gibt es einen Unterschied zwischen Sachmangel und Rechtsmangel. Der Sachmangel betrifft die Immobilie selbst, wie in den gerade genannten Beispielen. Es ist somit am Objekt etwas nicht in Ordnung, sei es in offener, versteckter oder gar arglistig verschwiegener Form. Ein Rechtsmangel hingegen liegt vor, wenn es juristische Fehler gibt oder Umstände, die im Kaufvertrag nicht beachtet wurden. Dann ist zu hinterfragen, ob die Willensübereinkunft überhaupt jemals vorlag.
Ein Beispiel dafür wäre, wenn der Verkäufer nicht erwähnt, dass es eine vertragliche Belastung gibt, die nicht im Grundbuch eingetragen ist. Der Käufer weiß davon nichts und bemerkt das erst, nachdem der Kaufvertrag unterschrieben wurde. Auch das Fehlen einer Genehmigung oder ein Verstoß gegen eine Bauauflage stellen einen Rechtsmangel dar.
Privater Immobilienkauf: „Gekauft wie besichtigt“
Häufig wird in Kaufanboten und Kaufverträgen die Formulierung „gekauft wie besichtigt“ eingefügt. Verkäufer suggerieren damit, dass der Zustand der Liegenschaft dem Käufer bekannt und in die Kaufpreisgestaltung eingeflossen ist. Beim privaten Verkauf einer gebrauchten oder sogar sanierungsbedürftigen Immobilie ist es möglich und sinnvoll, Gewährleistungsansprüche auszuschließen. Denn selbstverständlich kann der Verkäufer eines solchen Objektes keine Garantien übernehmen, wenn bereits bekannt ist, dass der Zustand schlecht ist.
Genau das ist der springende Punkt, damit der Haftungsausschluss auch tatsächlich gültig ist: Die Mängel müssen bekannt sein und benannt werden. Das heißt, Verkäufer sollten diverse Mängel am besten ganz konkret auflisten. Je spezifischer die Mängel genannt werden, desto geringer ist das Risiko, dass der Käufer nachträglich argumentiert, er wusste nichts von einem bestimmten Nachteil des Gebäudes.
Mängel benennen: Formulierungsbeispiele
Vermeiden Sie daher allgemeine Formulierungen. Beispiel: „Das Haus ist 40 Jahre alt und in entsprechendem Zustand“. Listen Sie stattdessen vorhandene Mängel spezifisch auf, indem Sie z. B. schreiben: „Die Elektroinstallationen wurden seit dem Baujahr 1980 nicht saniert. Die Elektrik ist am Tag der gemeinsamen Besichtigung (den genauen Termin nennen) grundsätzlich funktionsfähig. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die gesamte Elektrik erneuert werden muss. Sie entspricht nicht dem Stand der Technik.“
Nehmen Sie sich als Verkäufer für die Auflistung der Mängel ausreichend Zeit, um nichts zu vergessen. Abschließend können Sie darauf verweisen, dass die Mängelliste möglichst genau erstellt wurde, Sie jedoch kein Sachverständiger sind und daher davon ausgehen müssen, dass es noch weitere, altersgemäße Mängel ähnlicher Qualität gibt, die Sie an dieser Stelle nicht näher benennen können.
Mängel bei Übergabe erkennen
Es kann passieren, dass ein Mangel zuerst von beiden Parteien nicht erkannt und daher nicht benannt wird. Bei der späteren Übergabe der Immobilie stellt sich dann heraus, dass dieser Mangel existiert. In dieser Situation muss der Mangel im Übergabeprotokoll aufgelistet werden. Dokumentieren Sie ihn am besten genau, also mit einer Beschreibung, Fotos und gegebenenfalls mit einem Video.
Die Übergabe der Immobilie ist somit nicht final abgeschlossen, denn durch den nun vorliegenden Mangel ist das Objekt nicht im vereinbarten Zustand – schließlich wurde der Mangel nicht gelistet. Üblicherweise wird daher eine angemessene Frist vereinbart, binnen derer der Verkäufer den Mangel noch beheben lässt. Je nach Mangel bieten sich z. B. ein bis drei Wochen an.
Rechtliche Vorgaben: Haftungsausschluss unmöglich
Manche Aspekte, die für den Verkauf einer Immobilie wichtig sind, können nicht vertraglich anders vereinbart werden. Das beste Beispiel dafür ist der Energieausweis. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer einen gültigen Energieausweis zu beschaffen und vorzulegen, bevor der Kaufvertrag unterzeichnet wird. Dieses Erfordernis ist gesetzlich verankert. Selbst, wenn im Vertrag unterschrieben wird, dass kein Energieausweis benötigt wird, wäre diese Vereinbarung ungültig und der Käufer könnte nachträglich dieses Dokument auf Kosten des Verkäufers einfordern.
Es sollten daher tatsächlich nur jene Haftungen ausgeschlossen werden, die auch wirklich eingeschränkt oder ausgeschlossen werden können. Der Notar oder Anwalt, welcher sich um die Kaufvertragserstellung kümmert, kann Sie dahingehend beraten. Andernfalls verfassen Sie Klauseln im Vertrag, die später ohnehin nichtig sind, weil im Vertragswerk zwischen Käufer und Verkäufer nicht der geltenden Gesetzeslage widersprochen werden kann.
Mängel beim Immobilienkauf: Die wichtigsten Tipps
Praktisch jede gebrauchte Immobilie weist manche Mängel auf. Damit diese nicht zu Streitigkeiten führen, müssen nur einfache Grundregeln beachtet werden:
- Ehrliche, offene Kommunikation: Mängel sollten gemeinsam besprochen und konkret aufgelistet werden. Zusätzlich kann eine Fotodokumentation oder ein Video der Immobilie hilfreich sein.
- Konkrete Formulierungen: Je spezifischer die Mängel benannt werden, desto geringer ist das Risiko, dass der Käufer später doch argumentieren versucht, dass ein Mangel arglistig verschwiegen wurde.
- Eingehende Besichtigung: Der Kauf einer Immobilie ist eine bedeutende Entscheidung. Damit Mängel nicht übersehen werden, ist eine ausführliche Besichtigung nötig. Gerade bei Eigentumsobjekten ist es empfehlenswert, eine zweite Besichtigung – idealerweise zu einer anderen Tageszeit als bei der Erstbesichtigung – durchzuführen.
- Rascher Übergabetermin: Damit nicht zwischen angenommenem Kaufanbot und der eigentlichen Übergabe möglicherweise ein neuer Mangel auftritt, der dann zu Streitigkeiten führt, ist eine zügige Abwicklung des gesamten Kaufprozesses empfehlenswert. So sinkt das Risiko für Streitigkeiten und der Käufer kann die neue Immobilie rascher beziehen – die zeitnahe Abwicklung ist damit im beiderseitigen Interesse.
Mängel können bei praktisch jedem Immobilienkauf vorkommen. Entscheidend ist, wie mit diesen Schwächen der jeweiligen Immobilie umgegangen wird. Transparenz und Ehrlichkeit sind gefragt, um einen fairen Kauf sicherzustellen und Streitigkeiten zu vermeiden.