Rechtliche Unterscheidung zwischen Altbau und Neubau
Die Unterscheidung zwischen Altbau und Neubau ist in Österreich von besonders großer Bedeutung, denn die allermeisten Altbauwohnungen fallen unter das Mietrechtgesetz. Das bedeutet, dass die Mieten streng reguliert sind und andere juristische Rahmenbedingungen zur Anwendung kommen als bei einem Neubau. Doch wer bei dem Begriff „Neubau“ an ein modernes Gebäude denkt, das in den letzten Jahren errichtet wurde, täuscht sich leider gewaltig.
Definition: Altbau und Neubau
Im Mietrecht wird als Altbau jedes Gebäude bezeichnet, dessen Baubewilligung vor dem 30. Juni 1953 erteilt wurde. Entscheidend ist nicht der Tag der Fertigstellung, sondern das Datum der Baugenehmigung. Alle Gebäude, die später errichtet wurden, werden als „Neubau“ eingestuft.
Die Folge dieser Unterscheidung ist, dass es zu Missverständnissen kommen kann, wenn jemand von einem „Neubau“ spricht. Denn dabei kann es sich auch um ein Objekt aus den 70er-Jahren handeln, das kaum gedämmt und in schlechtem Zustand ist.
Vermietung von Altbauwohnungen
Bei den meisten Altbauwohnungen gilt das Mietrechtgesetz (MRG) in Vollanwendung. In diesem Fall ist die Miete reguliert. Das System ist leider komplex und selbst Vermieter, die völlig korrekt vermieten möchten, wissen häufig nicht, welche Miethöhe ganz exakt zulässig ist. Grundsätzlich wird zwischen Kategoriemiete und Richtwertmiete unterschieden - abhängig davon, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde.
Kategorie-Einstufung
Abhängig vom Zustand der Wohnung wird diese in eine Kategorie von A bis D eingeteilt. Heutzutage sind die meisten Altbauwohnungen als Kategorie A einzustufen. Kategorie D wären beispielsweise klassische Substandardwohnungen, mit einem WC am Gang. Abhängig davon, in welche Kategorie eine Wohnung fällt, ist eine unterschiedliche Miethöhe pro Quadratmeter erlaubt.
Der Kategoriemietzins gilt bei Mietverträgen, die zwischen Anfang 1982 und 28.2.1994 abgeschlossen wurden. Bei diesen Verträgen darf nur exakt der Kategoriemietzins verrechnet werden. Dieser liegt bei einer Kategorie-A-Wohnung bei nicht einmal 5 Euro pro Quadratmeter.
Richtwert als Basis
Bei später abgeschlossenen Mietverträgen gibt es keinen Kategoriemietzins, sondern es kommt der Richtwertmietzins zur Anwendung. Die Ausgangsbasis für die Berechnung ist der sogenannte „Richtwert“. Dieser Betrag stellt die Miete pro Quadratmeter da, die dann um Zu- und Abschläge angepasst wird.
Die Richtwerte werden immer wieder angepasst und neu veröffentlicht, wenngleich sie speziell in Wien sehr niedrig angesetzt sind. Hier liegt der aktuelle Wert bei knapp unter 7 Euro pro Quadratmeter (Stand: 09/2025).
Zu- und Abschläge bei Altbaumieten
Zusätzlich gibt es eine ganze Liste an Zu- und Abschlägen. So darf ein bisschen mehr verrechnet werden, wenn ein Aufzug vorhanden ist, und umgekehrt muss ein Abschlag von 25 Prozent vorgenommen werden, wenn es sich um einen befristeten Mietvertrag handelt.
Besonders wichtig ist der Lagezuschlag. Je nach Bezirk liegt ein solcher Zuschlag vor, doch auch hier gibt es wieder Ausnahmen – beispielsweise sogenannte „Gründerzeitviertel“, in denen kein Zuschlag vorgenommen werden darf, obwohl es sich um eine durchaus gute Gegend handelt.
Die Berechnung der im Altbau erlaubten Miete ist entsprechend komplex. Bei den Zu- und Abschlägen gibt es teils subjektive Aspekte, etwa wenn es darum geht, ob übermäßige Lärmbelastung vorliegt oder ob die Wohnung „Fernblick“ bietet.
Die Richtwertmieten dürfen indexiert werden. Voraussetzung: Es wurde eine diesbezügliche vertragliche Vereinbarung getroffen und die Indexanpassung wird 14 Tage vor dem nächsten Zahlungstermin angekündigt.
Zustand der Altbauwohnung bei der Vermietung
Erwähnenswert ist, dass bei neuen Mietverträgen für Altbauwohnungen keine Kategorien-Einstufung genutzt wird, sondern (bis auf Ausnahmen, bei denen keine MRG-Vollanwendung vorliegt) der Richtwertzins zu beachten ist. Der Zustand der Wohnung ist durch diese Vorgehensweise von sehr untergeordneter Bedeutung, denn es gibt keinen Zuschlag für besonders hochwertige Ausstattung, sei es etwa eine Klimaanlage oder ein exklusives Bad.
Kritiker des geltenden MRG-Systems machen deshalb zurecht darauf aufmerksam, dass viele Vermieter Altbauwohnungen nur in brauchbarem Zustand erhalten, aber seltener umfangreich sanieren, bevor es zur Neuvermietung kommt. Einen Anreiz, die Altbauwohnung möglichst aufzuwerten, indem eine moderne Heizung oder beispielsweise neue Fenster eingebaut werden, liegt de facto nicht vor.
Rückforderung zu viel bezahlter Miete
Nachdem die Mieten bei Altbauobjekten geregelt sind, dürfen Vermieter keine höheren Preise verlangen. Manche Vermieter verrechnen deshalb Möbelmiete extra oder vermieten offiziell die Küche zusätzlich, um die monatlichen Einnahmen aufzubessern. Andere ignorieren die gesetzlichen Rahmenbedingungen wissentlich. Wieder andere versuchen, die Vorschriften einzuhalten, haben aber Schwierigkeiten damit, da wegen der subjektiven Komponenten (Fernblick, Lärm etc.) nie ganz eindeutig ist, wie viel Miete wirklich verlangt werden darf.
Mieter haben jedoch die Möglichkeit, den Mietvertrag prüfen zu lassen und zu viel bezahlte Miete zurückzuverlangen. Prozessfinanzierer haben aus dieser Vorgehensweise ein Geschäft gemacht und auch Vereine wie der Mieterschutzverband gehen gegen überhöhte Mieten vor. Bei markant überteuerten Immobilien ist das Risiko kalkulierbar. In anderen Fällen, bei denen strittige, geringfügige Überschreitungen vorliegen könnten, ist eine finale Beurteilung teils erst gerichtlich möglich und somit mit einem gewissen Risiko für den Kläger verbunden.
Die Rückforderung der zu viel bezahlten Miete ist auch nach dem Auszug noch möglich. Umgekehrt setzen Vermieter immer häufiger auf befristete Mietverträge. Die Folge: Wer seinen Vermieter auf eine niedrigere Miete klagt, wird kaum eine Vertragsverlängerung bekommen. Das unterstreicht, wie viel Unsicherheit die schwammigen Regelungen sowohl bei Mietern als auch bei Vermietern auslösen und welch große, unangenehme Risiken für beide Seiten vorliegen.
Vermietung von Neubauwohnungen
Wenn es sich um eine Neubauwohnung handelt, die auch nicht Teil einer sonstigen Sonderregelung ist (z. B. ehemals geförderte Wohnung, die nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zu vermieten ist), so kann die Miete im Neubau frei vereinbart werden. Hier gilt das ABGB und nicht das Mietrecht, weshalb weitgehende Vertragsfreiheit herrscht. Sittenwidrige Regelungen dürfen selbstverständlich auch hier nicht getroffen werden, doch abseits davon gibt es kaum Vorschriften, die Vermieter beachten müssen.
Die logische Folge ist, dass Neubauwohnungen deutlich teurer vermietet werden als Altbauten. Weder der Richtwert, noch die Kategoriemieten, spielen bei Neubauwohnungen eine Rolle. Dementsprechend gibt es (juristische) Neubauwohnungen aus den 70er-Jahren, die in stark gebrauchtem Zustand wesentlich weniger ansprechend sind als sanierte Altbauwohnungen und trotzdem teurer vermietet werden.
Eine weitere Konsequenz ist, dass Neubauobjekte, die frei vermietbar sind, für Investoren wesentlich spannender sind als Altbauwohnungen. Hinzu kommt, dass bei Neubau-Gebäuden die monatliche Zuweisung zur Reparaturrücklage geringer ausfallen darf als bei Altbauten, sofern das Haus in gutem Zustand ist. Dadurch erhöht sich die Rendite bei der Vermietung nochmals, denn der Betrag zur Rücklagenbildung darf nicht an Mieter weiterverrechnet werden, sondern er reduziert direkt das Einkommen des Vermieters.
Sonstige Ausnahmen und Sonderfälle
Andere Regelungen, auf die an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen wird, können ebenfalls zur Anwendung kommen. Beispiele dafür sind:
• Wiederaufbau-Häuser: Diese Gebäude wurden im zweiten Weltkrieg zerstört und wieder aufgebaut. Wie sie vermietet werden dürfen, muss für den konkreten Einzelfall am besten mit der Wiener Behörde abgeklärt werden, da das davon abhängig ist, ob der Wiederaufbau-Kredit frühzeitig getilgt wurde und wann dieser getilgt wurde.
• Ehemals gemeinnützige Wohnungen: Es gibt Wohnungen, die früher gemeinnützig vermietet und dann verkauft wurden, bei denen jedoch weiterhin das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) gilt. Dieses sieht rigorose Mietzinsbeschränkungen vor.
• Teilanwendung des MRG: Für manche Objekte kommt das MRG nicht vollständig zum Einsatz, sondern es liegt eine sogenannte „Teilanwendung“ vor. Hierzu gibt es regelmäßig neue Rechtsprechung bezüglich der Anwendung mietrechtlicher Regelungen (siehe z.B. hier).
• Freie Vermietbarkeit nach gerichtlicher Feststellung: In Einzelfällen gibt es Altbauten, bei denen in Inseraten angegeben wurde, dass durch Gerichtsurteile die freie Vermietbarkeit für diese Einzelimmobilie erwirkt wurde. Solche Umstände sind individuell zu prüfen.
Künftige Mietrechtänderungen
Diese kompakte Gegenüberstellung von Neu- und Altbau zeigt deutlich, dass es zu nur schwer nachvollziehbaren Ungerechtigkeiten im System kommt. Wer einen Altbau zur Kategoriemiete vermietet, aber z. B. für den Tausch einer Gastherme bezahlen muss, erzielt als Vermieter praktisch keine Mietrendite. Umgekehrt werden gebrauchte Neubauwohnungen teuer vermarktet, selbst wenn sie schon lange nicht saniert wurden.
Weder ist es gerecht, dass alte Mietverträge, bei denen 2, 3 Euro pro Quadratmeter verrechnet werden, fortbestehen und so der sogenannte „Mietadel“ erhalten bleibt, noch ist es fair, wenn für sanierungsbedürftige Neubauten immer höhere Preise aufgerufen werden.
Da dieser Missstand hinlänglich bekannt ist, wird seit Jahren über eine grundlegende Reform des Mietrechts diskutiert. Der politische Wille wäre vorhanden, denn verschiedene Parteien haben bereits thematisiert, dass einheitliche, neue Regeln nötig wären. Was bislang fehlt, ist das konkrete Konzept für die Umsetzung, damit es künftig eindeutige, nachvollziehbare Regelungen gibt, die für mehr Gerechtigkeit sorgen und auch das Ungleichgewicht zwischen Alt- und Neubau beenden.